Geschichte und Gegenwart

Ende der zwanziger Jahre, als die Inflation langsam ihren Höhepunkt erreichte, taten sich in Hemmendorf etliche junge Männer im „Wanderclub Hemmendorf" zusammen, einer Musikgruppe mit Klavier, Kontrabass und Violinen, die hauptsächlich an Hochzeiten aufspielte. Dem Zug der Zeit folgend, ergriffen drei Mann von diesen die Initiative und suchten Gleichgesinnte um eine Musikkapelle zu gründen. So trafen sich dann am 27. August 1929 zehn Idealisten, die sich der Volksmusik verschreiben wollten im Gasthaus „Zum Lamm“ und gründeten den Musikverein Hemmendorf.
Es waren dies im einzelnen:
  • Eugen Vogel (Vorstand)
  • Josef Stark
  • Josef Eberle
  • August Saile
  • Josef Jochum (Xavers Sohn)
  • Josef Jochum (Richards Sohn)
  • Johann Schmeckenbecher
  • Josef Saile
  • Anton Reichle
  • Anton Henger
Aller Anfang ist schwer. Wie sehr dieses alte Sprichwort zutrifft, konnten diese Männer am eigenen Leib verspüren. Gar tief musste mancher in das so kleine Geldsäckel greifen und viele Opfer bringen. Dankenswerterweise stiftete der „Wanderclub“, der durch den Beginn des Musikvereins sein Ende gefunden hatte, sein Klavier und seinen Kontrabass der „Blechmusik“, die diese wiederum gegen Trompeten, Hörner und Posaunen eintauschten. Dennoch stand noch ein nettes Sümmchen auf der Schuldenseite. Geprobt wurde zum erstenmal in der Gemeindebackküche Ende September 1929. Es war dem Musikverein gelungen mit Thomas Bengel einen hervorragenden Dirigenten zu verpflichten.
Man einigte sich auf 1 – 2 Proben in der Woche, welche jeweils 3 Stunden dauerten. War das Misstrauen in der Gemeinde anfangs gegenüber dem jungen Verein noch sehr groß, so gewannen die ersten Hemmendorfer Aktiven, unter der sicheren Stabführung ihres Dirigenten von Erfolg zu Erfolg getragen, immer mehr Anhänger. Vom ersten Auftritt am 24. November 1929 zu Ehren der Gefallenen am Kriegerdenkmal ging der Weg steil berauf. Sei es nun das Gründungsfest an Pfingsten 1930, von dessen Reingewinn die Instrumentenschulden getilgt werden konnten, das erste Preisspielen in Rangendingen mit der Erringung eines Ia-Preises in der Unterstufe oder gar der Ia-Preis in Haiterbach, der in der Oberstufe erspielt wurde, alles trug dazu bei, das Ansehen des neuen Vereins zu stärken. Weiter zu erwähnen sind der Uniformkauf im Jahre 1937 sowie die 10jährige Gründungsfeier im Juli 1939. So richtete sich der Blick aller Einwohner und auch der umliegenden Gemeinden immer mehr auf die Hemmendorfer Musikkapelle, die endgültig in der Gemeinde Fuß gefasst hatte.
Der Beginn des 2. Weltkrieges setzte der stetigen Aufwärtsentwicklung des Vereins ein jähes Ende. Die meisten Musikanten mussten ihr Instrument beiseite legen und den Soldatenrock anziehen. Leider hat der Krieg auch im Musikverein seine Spuren hinterlassen. Zehn Musiker hat der Verein durch den Krieg verloren. Es sind Johannes Thalmüller, Martin Renner, Josef Bene, Johann Schmeckenbecher, Anton Henger (Maurer), Josef Saile, Josef Beck, Anton Henger (Alfreds Sohn), Andreas Beck und Fiedel Störzer. Wir werden Ihrer stets in Ehren gedenken. Nach dem Krieg wurde der Verein aufgelöst. Dennoch ruhten die Instrumente nicht. An Weihnachten erklang wieder das „Stille Nacht“ vom Glockenturm und an Fronleichnam wurde zur Prozession gespielt.
Am 19. September 1948 wurde der Verein neu gegründet. Nach und nach stießen zu den acht alten Aktiven Anton Reichle, Josef Stark, Josef Jochum, Josef Eberle, Leo Augsburger, Lukas Eberle, Fidel Schmeckenbecher und Johann Henger, die zum Teil erst spät aus der Kriegsgefangenschaft zurückkehrten, zehn weitere junge Bläser. Es waren dies Fridolin Eberle, Willi Schmeckenbecher, Helmut Renner, Josef Schmeckenbecher, Albert Wohlschieß, Karl Diener, August Thalmüller, Hans Saile, Berthold Schmeckenbecher und Anton Renner. So waren es bei der Neugründung des Vereins am 19. September 1948 schon 18 Musikanten, die von neuangeworbenen Mitgliedern tatkräftig unterstützt wurden. Als Dirigent konnte wiederum Thomas Bengel gewonnen werden.
Die Fünfziger Jahre waren voller Höhepunkte. Angefangen von dem Musikfest im Jahre 1951 erwarb sich der Musikverein mit dem Erringen von I. und II. Rängen beim Preisspielen einen guten Ruf. Bekannt wurde die Musikkapelle in der Umgebung außerdem durch ausgezeichnete und aktuelle Tanzmusik, die bei Hochzeiten, Faschingsveranstaltungen und Festabenden befreundeter Vereine ertönte. Das 30jährige Vereinsjubiläum stand vor der Tür, da musste Thomas Bengel krankheitshalber den Dirigentenstab niederlegen. Die musikalische Leitung übernahm Erwin Schlossarek. Er konnte mit der Kapelle weitere Erfolge buchen.
Ende der fünfziger Jahre gelang es dem Musikverein nicht, Nachwuchsspieler in die Kapelle einzubauen. So verringerte sich die Zahl der Aktiven auf einen vorübergehenden Tiefststand von 12 Musikanten, welche aber nichts desto trotz mit hervorragender Musik aufwarteten. Der große personelle Umschwung kam dann im Jahre 1962, als gezielt mit der Ausbildung von Jugendlichen begonnen wurde. Sie wurden schnell in den Verein integriert und wurden nunmehr von dem langjährigen Vizedirigenten Johann Henger souverän dirigiert. Die Kapelle bekam neuen Schwung und man konnte wieder an alte Erfolge anknüpfen.
Einen weiteren kulturellen Beitrag leistete der Verein durch den Beginn des Theaterspiels in Hemmendorf. Das erste erwähnte Stück wurde am 1. Januar 1938 anlässlich der Winterfeier des Musikvereins durch eine Handvoll Aktive im Gasthaus Krone aufgeführt. Es waren dies „ Die Bettlerin am Weihnachtsabend“ und „Der schönste Mann“. Erst nach dem zweiten Weltkrieg fuhr man mit dem Theaterspielen fort. Bekannt war das „Vater unser „ welches im Jahre 1951 insgesamt 3 mal darunter einmal in Bodelshausen aufgeführt wurde. Mit mehr oder weniger kurzen Unterbrechungen wurden immer wieder Stücke wie z.B. „ D`r scheinheilige Jakob“, „Die g`stohlene Sau“, „Der Meisterlügner“ bis hin zu „Bei ons verklemmt nix“ einstudiert. Spielte man anfangs noch im Gasthaus „Krone“ musste man, um die vielen Zuhörerinnen und Zuhörer unterzubringen, in den Gemeindesaal umziehen.
Die Jugendwerbung zeigte ihre Früchte wonach die Kapelle im Jubiläumsjahr 1979 nicht weniger als 51 aktive Musikerinnen und Musiker zählte. Dies ist ein ganz besonderer Verdienst des langjährigen Mitgliedes Josef Fath, welcher ab 1970 als Dirigent der Kapelle vorstand. Mittlerweile kam als fester Termin das traditionelle Neckarfest in Rottenburg Ende Juni eines jeden Jahres hinzu. Ein alljährliches Highlight in Rottenburg, bei dem sich die Kernstadt und nahezu alle Teilgemeinden der Stadt zu einem gemeinsamen Fest entlang des Neckars zusammenfinden. Bei dieser Veranstaltung unterhält der Musikverein einen Stand an dem musikalische Unterhaltung und kulinarische Genüsse angeboten werden.
Probte man Anfangs der Vereinsgeschichte noch in der Backküche so wechselte man über das Gasthaus „Lamm“ zum Gasthaus „Krone“. Im März 1969 baute man über dem Feuerwehrmagazin der Zehntscheuer einen lange Zeit leer stehenden Raum, der als Futterkammer diente, als Proberaum aus. Da der Raum sich in einem äußerst schlechten Zustand befand, musste er mit großem Zeit- und Personalaufwand von Grund auf ausgebaut werden. Unter der Federführung von Josef Fath leisteten die Aktiven nahezu 900 Stunden Eigenleistung um den Raum überhaupt für ihre Zwecke, einem Probelokal, nutzen zu können. Es kam dann eine kurze Übergangszeit in der man in das frei gewordene Klassenzimmer der Schule im Schloss auswich, bis man im Jahre 1988 an den weiteren Ausbau der Zehntscheuer ging. Hier leistete man wiederum über 500 Stunden Eigenleistung bis der Raum vollendet war, so wie er heute zu sehen ist.
1999 feierten wir 4 Tage lang das 70-jährige Jubiläum unseres Musikvereins. Alle die daran mitgewirkt haben, werden dieses Fest in positiver Erinnerung behalten.
Nach Josef Fath wurde der Dirigentenstab weiter an Helmut Möck, Marc Hartmann und letztendlich an Simon Löffelmann übergeben. Unter ihm konnte der Musikverein seinen bisher größten Erfolg verzeichnen. Im Mai 1998 belegte man im Blasmusikwettbewerb beim Landesmusikfest in Ehingen an der Donau den 3. Platz in der Mittelstufe. In einer Feierstunde bekam man von Landesmusikdirektor Herrn Bartold eine Urkunde samt Pokal überreicht.
Unser Dirigent Simon Löffelmann hat auch sonst sehr viel Professionalität in unseren Verein mit eingebracht. Der Aufschwung, den unser Musikverein unter seiner Stabführung nimmt, ist unüberhörbar. So war auch unser im Jahr 2000 zum ersten mal durchgeführte Schlosskonzert seine Idee. Ein Konzert im Freien vor historischer Kulisse. Ein Wagnis das sich gelohnt hat. Die im Innenhof des Schlosses durchgeführten Konzerte sind jedes mal ein Augen- und Ohrenschmaus. Traditionell führen wir auch in der Adventszeit ein Kirchenkonzert auf und bedingt durch die herrliche Akustik der Kirche ist jedes für sich ein unvergessliches Erlebnis.
Im Jahr 2001 waren wir Gast beim 40-jährigen Jubiläum des Bläsercorps in Hemmendorf/Niedersachsen. Im Jahr 2004 besteht diese Freundschaft 25 Jahre. Ins Leben gerufen wurde diese Verbindung von den Ortsvorstehern Franz Schmeckenbecher aus Hemmendorf (in Württemberg) und Herbert Seutemann aus Hemmendorf (in Niedersachsen). Dieses Jubiläum hatten wir an unserem Festwochenende 2004 mit unseren Gästen gebührend gefeiert. 1979 bei unserem 50jährigen Vereinsjubiläum waren sie zum ersten Mal unsere Gäste. Heute nach 25 Jahren kann man sagen, dass es mehr ist als nur Freundschaft die uns mit Niedersachsen verbindet. Die Freundschaft ist ausgebaut und gefestigt worden.
Im Jahr 2002 nahm der Musikverein aktiv an den Feierlichkeiten zur 900 Jahrfeier in Hemmendorf teil. Musikalisch begann das Festjahr mit unserem zweiten Schlosskonzert. Am eigentlichen Festwochenende wirkte die Musikkapelle beim Festakt in der Kirche mit. Der anschließend gemeinsam mit der Freiwilligen Feuerwehr Hemmendorf und dem Spielmannszug Remmingsheim durchgeführte große Zapfenstreich war ein Höhepunkt der 900 Jahrfeier und auch für uns in unserer 75 jährigen Vereinsgeschichte ein einmaliges Ereignis. Ein Novum für die Musikkapelle und auch für die ganze Gemeinde Hemmendorf war das im Dezember ausgestrahlte Morgenläuten vom Südwestfunk. Mit dem Ergebnis unserer Probenarbeit waren wir alle mehr als zufrieden. Als kleines Dankeschön wurden die Musiker zur Weihnachtsfeier 2002 mit einem Brunch überrascht.
Das Jahr 2003 brachte viele neuen Ideen mit sich. So hat der Vorsitzende des Musikvereins zum ersten Mal in der 75jährigen Geschichte 2 Stellvertreter. Des Weiteren wurde die Vereinsverwaltung komplett auf EDV umgestellt und im Internet zeigt sich der Musikverein inzwischen ebenso präsent. Auch musikalisch hat sich einiges getan. So haben wir uns bei unserem Schlosskonzert 2003 an ein Oberstufengestück gewagt und diese Herausforderung mit Bravour gemeistert. Die neugegründete Jugendkapelle unter der Leitung von Christopher-Robin Kennin zeigte eine erstaunliche Leistung. Beim Schlosskonzert konnten wir auch unsere neugeschaffene Mitgliederwerbebroschüre präsentieren. Zum Jubiläumsjahr 2004 wurde die Vereinsnadel in Silber bzw. Gold eingeführt. Ein besonderes Ereignis für uns war auch das vom Südwestfunks gestaltete Öffnen des Adventstürchen in Hemmendorf an dem der Musikverein mitwirken durfte. Das Jahr 2004 steht ganz im Zeichen unseres Jubiläumsfestes und lässt uns musikalisch erst einmal Zeit, um zu verschnaufen.
Heute ist der Verein aus dem örtlichen Geschehen nicht mehr wegzudenken. Der Umzug am Fasnachtssamstag, das Spielen zum Maibaumaufstellen, das jährliche Frühjahrs- bzw. Schlosskonzert, die Beteiligung an der Fronleichnamsprozession mit anschließender Hocketse des Musikvereins, das Kirchenkonzert in der Adventszeit, sowie das Spielen von Weihnachtsliedern am Hl. Abend sind feste Bestandteile des kulturellen Lebens in Hemmendorf geworden. Besonders sei auch auf das harmonische Verhältnis der Hemmendorfer Vereine untereinander und die sehr gute Zusammenarbeit und Unterstützung mit der Ortsverwaltung hingewiesen. Die Übungsstunden des Musikvereins dürfen bis zum heutigen Tag in der Zehntscheuer unentgeltlich abgehalten werden, wofür der Verein sehr dankbar ist.
Das Leben unseres Vereins ist ein Spiegelbild unserer Gemeinde geworden. Manch neuer Erdenbürger wurde mit Musik begrüßt und mancher Einwohner wurde mit Musik zu Grabe getragen. Gar manches frohe Fest wurde durch unsere Musik verschönert und manche ernste Stunde wurde durch sie für uns alle zu einem ergreifenden Erlebnis. Für die Musiker und die nachfolgende Generationen wird dies weiterhin Anlass und Verpflichtung sein, sich mit Elan und Tatkraft einzusetzen zum Wohle des Vereins, der Volks- und Blasmusik und unserer dörflichen Gemeinschaft. Im Wissen um diese Aufgabe feiert der Musikverein 2004 unter der Führung von Hubert Eberle sein 75jähriges Jubiläum.
Dem Verein gehören im Jubiläumsjahr nunmehr 43 aktive Musikerinnen und Musiker, 10 Musiker in der Jugendkapelle, 10 Zöglingen, 4 Ehrenmitglieder sowie 170 fördernde Mitglieder an.
Liste der Vorsitzenden:
  • 1929 – 1930: Eugen Vogel
  • 1930 – 1948: Lukas Eberle
  • 1948 – 1958: Johann Henger
  • 1958 – 1962: Berthold Schmeckenbecher
  • 1962 – 1964: Anton Renner
  • 1964 – 1972: Josef Fath
  • 1972 – 1974: Erwin Thalmüller
  • 1974 – 1980: Berthold Schmeckenbecher
  • 1980 – 1982: Gerhard Saile
  • 1982 – 1983: Josef Fath
  • 1983 – 1986: Robert Henger
  • 1986 – 1992: Gerhard Saile
  • 1992 – 1996: Resi Nisch
  • 1996 - 2002: Wolfgang Ling
  • 2002 - 2008: Hubert Eberle
  • 2008 - 2012: Christopher Kennin
  • 2012 -    : Resi Seyboldt
Liste der Dirigenten:
  • 1929 - 1939: Thomas Bengel
  • 1939 - 1945: 2. Weltkrieg
  • 1948 - 1958: Thomas Bengel
  • 1958 - 1964: Erwin Schlossarek
  • 1964 - 1969: Johann Henger
  • 1969 - 1970: Erwin Schlossarek
  • 1970 - 1985: Josef Fath
  • 1985 - 1993: Helmut Möck
  • 1993 - 1994: Marc Hartmann
  • 1995 - 2006: Simon Löffelmann
  • 2006 - 2007: Stefanie Treiber
  • 2007 - 2009: Otto Bachner
  • 2009 - 2011: Michael Wolkober
  • 2012 -    : Ulrich Münnich

Für die Berichterstattung: Hubert Eberle